Thema

Heinrich Schliemann

© Thomas Kuntsch, Bildarchiv Schliemann-Museum

Pastorensohn, Kaufmann, Troja-Entdecker

Schliemann verstand es nicht, zu verweilen, zu genießen, die Früchte zu ernten. Bis zum Ende seines Lebens schien er auf der verzweifelten Suche nach etwas zu sein.

Am 6. Januar 1822 brachte Louise Schliemann im mecklenburgischen Neubukow ihr fünftes Kind zur Welt. Keiner ahnte zu diesem Zeitpunkt, welchen Weg der kleine Heinrich eines Tages beschreiten sollte. Sein Start ins Leben war schwer. Schliemanns Mutter starb, als er gerade einmal neun Jahre alt war, und sein Vater, ein Pastor, verhielt sich alles andere als moralisch vorbildlich. Unter den zerrütteten Verhältnissen litten insbesondere die Kinder.
Letztendlich zerbrach die Familie, und wegen finanzieller Schwierigkeiten musste Schliemann das Gymnasium abbrechen und stattdessen eine Kaufmannsausbildung absolvieren. Mit viel Disziplin, Talent, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen begann er, fernab von seiner Heimat, eine steile Karriere als Kaufmann, war mit Anfang 30 bereits Millionär.

Doch sein Beruf erfüllte ihn irgendwann nicht mehr, schließlich gab er ihn ganz auf. Denn vielmehr zog es ihn hin zur Wissenschaft. Im Jahr 1868 folgte dann mit einer Reise nach Griechenland sein Schlüsselerlebnis. Inspiriert von seinen Erkundungen, etwa auf Ithaka, und angetrieben von seiner tiefen Homergläubigkeit, hatte er einen neuen Lebenssinn gefunden: die Archäologie – allem voran die Suche nach Troia. Seine sensationellen Entdeckungen auf dem Hissarlik und in Mykene machten Schliemann weltberühmt. Der Nachwelt bleibt er deshalb vor allem als Entdecker des bronzezeitlichen Troia, als «Vater der mykenischen Archäologie» in Erinnerung.

Aus dem Vorwort von Leoni Hellmayr. ANTIKE WELT Sonderheft „Schliemann und die Archäologie“

Sonderheft Heinrich Schliemann

ANTIKE WELT Sonderheft

In diesem Sonderheft untersuchen Historiker und Archäologen die glanzvolle Aufstiegsgeschichte des armen Pastorensohnes zum weltberühmten Archäologen, der bis heute die Fachwelt polarisiert. Dies macht die Rolle, die Schliemann in der jungen Wissenschaft einnahm, nochmal deutlicher und zeigt neue, bisher kaum beachtete Facetten auf.

Innenseite Antike Welt Sonderheft

Schliemann und Mykene

Als Heinrich Schliemann im Jahre 1876 die Schachtgräber von Mykene entdeckte, war dies die Geburtsstunde der Archäologie der mykenischen Epoche Griechenlands, des Späthelladikums (ca. 1700/1600−1050 v. Chr.). Schliemann konnte indes nicht wissen, dass er den Bestattungsplatz einer Personengruppe gefunden hatte, welche die gesellschaftlichen Transformationsprozesse am Beginn dieser Epoche in ganz entscheidendem Maße mitgestaltet hatte.

Direkt hinter dem Löwentor kamen unter einem aus Steinplatten errichteten Kreis (Gräberrund A), der in der frühen Palastzeit (14. Jh. v. Chr.) zur Erinnerung an die verehrten Vorfahren erbaut worden war, fünf überaus reich mit Beigaben ausgestattete Schachtgräber zum Vorschein, welche in den Frühabschnitt der mykenischen Kultur datieren (Späthelladisch I und II A; 17./16.−15. Jh. v. Chr.).
Nach der Abreise Schliemanns legte der griechische Archäologe Panayiotis Stamatakis noch ein sechstes Schachtgrab frei. Schliemann hat uns keine Zeichnungen oder gar Fotos der Gräber hinterlassen, so dass Skizzen, die Stamatakis während seiner Besuche der Ausgrabungen Schliemanns anfertigte, heute die einzige zeichnerische Dokumentation der Lage von Skeletten und Beigaben darstellen.

Lesen Sie den vollständigen Artikel in der ANTIKE WELT 6/2018 (E-Paper)

Weitere Beiträge im Titelthema:

Die mykenische Bilderwelt als mykenisches Bild der Welt − Zur visuellen Selbstrepräsentation einer bronzezeitlichen Elite

Transformation am Beginn der mykenischen Epoche −
Hintergründe des Aufstiegs von Mykene

Der mykenische Palast − Machtort, Verwaltungssitz und
zeremonielles Zentrum

„Wer war Heinrich Schliemann?“ der wbg-Podcast mit Leoni Hellmayr

Im Gespräch zwischen Rebekka Reinhard und der Archäologin und Historikerin Leoni Hellmayr geht es u.a. um die Metamorphose Heinrich Schliemann´s vom reichen Geschäftsmann zum Weltreisenden und Entdecker versunkener Welten. Zudem geht es um sein unglaubliches Geschick sich selbst, seine Geschichte und das, was mit Troja und Mykene geschah, zu inszenieren.

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3 Tage Studienreise Heinrich Schliemann

31. Mai 2022 – 2. Juni 2022

Lernen Sie auf dieser Reise den Mensch hinter dem Mythos kennen – zunächst auf der Museumsinsel in Berlin: Anlässlich seines 200-jährigen Geburtstages widmet sich eine Sonderausstellung ganz dem Leben Schliemanns. Ein weiterer Höhepunkt ist der Besuch im idyllisch gelegenen Ankershagen, wo Schliemann seine Kindheit verbrachte und in seinem Elternhaus heute das Heinrich-Schliemann-Museum untergebracht ist. Auch hier erhalten Sie spannende Einblicke in das Leben einer Persönlichkeit, die uns bis heute fasziniert.

Mykenische Paläste

Die wissenschaftliche Erforschung der prähistorischen Ägäis beginnt – von einigen wenigen Vorgängern abgesehen – mit Heinrich Schliemann.

Schon sein Vater machte ihn mit Homer und den griechischen Mythen bekannt, und später sollte Heinrich Schliemann erzählen, dass er sich bereits als 8-jähriger geschworen habe, das zerstörte Troia zu finden und auszugraben.

Im Jahre 1870 unternahm Heinrich Schliemann eine kleine Testgrabung am Hügel von Hisarlık, auf die Grabungsgenehmigung musste er jedoch bis zum darauffolgenden Jahr warten, und somit begannen erst im Oktober 1871 größere Arbeiten, die mit Unterbrechungen bis 1873 dauern sollten. Im Laufe dieser Arbeiten legten Schliemann und seine 80 bis 160 Arbeiter einen tiefen Schnitt von Nord nach Süd quer durch den Hügel an, obwohl Schliemann wusste, dass mehrere nacheinander folgende Städte übereinander einen Siedlungshügel ausmachen. Er wollte aber möglichst rasch zum homerischen Troia gelangen und konnte sich nicht vorstellen, dass dieses noch Vorgängerstädte hatte. Das war freilich ein Trugschluss, denn die Siedlung auf dem Hisarlık reichte viel weiter zurück, als Schliemann dies gedacht hatte, und so trug er natürlich auch Mauern der mykenischen Zeit ab.

Als er am Ende der Saison 1872 einen Teil einer Befestigungsanlage und den sog. Großen Turm gefunden hatte, glaubte er, sein Ziel, die Entdeckung des homerischen Troia, erreicht zu haben. Im darauf folgenden Jahr wurden Räumlichkeiten aufgedeckt, die Schliemann dem Palast des Königs Priamos zuschrieb (in Wirklichkeit gehörten diese ins 3. Jt. v. Chr.), und kurz vor Grabungsende wurde schließlich der berühmte «Schatz des Priamos» gefunden.

Textauszug aus dem ANTIKE WELT Sonderband „Mykenische Paläste“.
Der Band gibt einen einführenden Überblick über die Geschichte und Kultur der mykenischen Griechen. Von der historischen Entwicklung der mykenischen Welt, über mykenische Wirtschaft, Religion, Kunst und einer genauen Betrachtung der mykenischen Paläste, bis hin zum Untergang der mykenischen Welt.

 © Thomas Kuntsch, Bildarchiv Schliemann-Museum

Schliemanns Welt entdecken

unter diesem Credo führt das Schliemann-Museum, der neue wbg-KulturCard Partner, im mecklenburgischen Ankershagen durch das facettenreiche Leben Heinrich Schliemanns

Es befindet sich in dem Pfarrhaus (18. Jh.), in dem Schliemann seine prägenden Kindheitsjahre verbrachte. Zehn Räume zeigen seinen Lebensweg vom Pfarrerssohn zum Großkaufmann, Multimillionär, Autodidakten und fortschrittlichen Wissenschaftler auf. Neben persönlichen Dokumenten, Fotos und prachtvollen Erstausgaben sind natürlich die über 90 Originalfunde aus Troja, sowie die exzellenten Nachbildungen des Goldenden Diadems aus dem „Schatz des Priamos“ und die Maske des „Agamemnon“ aus Mykene die Highlights der Ausstellung.

Passende (Hör-) Bücher und e-Books zum Thema finden Sie im wbg Verlag


Alle Titel sind über den jeweiligen Link direkt bei der wbg bestellbar.

Heinrich Schliemanns Reisen

Tagebücher und Briefe aus Ägypten und dem Vorderen Orient

Heinrich Schliemann verband bereits in seiner Jugend seine Leidenschaft für Sprachen mit seinen Reisen. Diese dokumentierte er in Tagebüchern. Das Besondere: Er verfasste die Einträge in der jeweiligen Landessprache des Ortes, den er gerade besuchte. Die Reisetagebücher seiner vier Reisen von 1858 bis 1888 – geschrieben in 6 Sprachen – erscheinen nun erstmals in einer einheitlichen, deutschen Übersetzung zusammen mit reichhaltigem, teilweise zeitgenössischem Bildmaterial, das u. a. aus einer Auswahl von Originalseiten, Skizzen von Schliemann und Lithographien besteht.

Der Mann, der Troja erfand

Das abenteurliche Leben des Heinrich Schliemann

Vom Lagergehilfen zum steinreichen Kaufmann und Abenteurer auf der Suche nach untergegangenen Kulturen: Auch ohne die Entdeckung Trojas wäre das Leben Heinrich Schliemanns jede Biografie wert! Leoni Hellmayr zeichnet die drei Leben des berühmten Archäologen nach. Glänzend schildert sie einen rastlosen, hoch widersprüchlichen Menschen, der zum Wegbereiter der modernen Archäologie wurde.

Cover Troja

Troia

Mythos und Wirklichkeit

Skulpturen, Keramik und Gemälde, aber auch Möbel und Schmuck: Das British Museum besitzt einige der aufregendsten Darstellungen des Krieges um Troia. Doch für diesen reich illustrierten Bildband wurde die exquisite Sammlung noch durch zahlreiche Objekte aus anderen Museen, Galerien und Privatsammlungen ergänzt!

„Troia – Mythos und Wirklichkeit“ lädt Sie ein, Troia in all seinen Facetten zu entdecken: von Homers Epen bis zu Cy Twomblys Bildern, von der Faszination, die der archäologische Fund auf Schliemann ausübte, bis zur Realität der Ausgrabungsstätte heute!