Thema des Monats Januar

Bier

Wir verordnen, setzen und wollen mit dem Rat unserer Landschaft, dass forthin überall im Fürstentum Bayern sowohl auf dem Lande wie auch in unseren Städten und Märkten, die keine besondere Ordnung dafür haben, von Michaeli (29. September) bis Georgi (23. April) eine Maß (bayerische, entspricht 1,069 Liter) oder ein Kopf (halbkugelförmiges Geschirr für Flüssigkeiten – nicht ganz eine Maß)  Bier für nicht mehr als einen Pfennig Münchener Währung und von Georgi bis Michaeli die Maß für nicht mehr als zwei Pfennig derselben Währung, der Kopf für nicht mehr als drei Heller (gewöhnlich ein halber Pfennig) bei Androhung unten angeführter Strafe gegeben und ausgeschenkt werden soll.

Wo aber einer nicht Märzen sondern anderes Bier brauen oder sonstwie haben würde, soll er es keineswegs höher als um einen Pfennig die Maß ausschenken und verkaufen.

Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtig weggenommen werden. Wo jedoch ein Gastwirt von einem Bierbräu in unseren Städten, Märkten oder auf dem Lande einen, zwei oder drei Eimer (enthält etwa 60 Liter) Bier kauft und wieder ausschenkt an das gemeine Bauernvolk, soll ihm allein und sonst niemand erlaubt und unverboten sein, die Maß oder den Kopf Bier um einen Heller teurer als oben vorgeschrieben ist, zu geben und auszuschenken.

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Gegeben von Wilhelm IV.
Herzog in Bayern
am Georgitag zu Ingolstadt anno 1516

Das Reinheitsgebot für Bier aus dem Jahr 1516 war Teil einer neuen Landesverordnung und regelte Preise und Rohstoffe und sollte zudem die Bürger vor mitunter schädlichen Zusätzen schützen. Es wirkt sich bis heute auf die deutsche Braukunst aus.

Die Anfänge des Bieres reichen jedoch viel weiter zurück. Bereits seit Ende des 4. Jt. v. Chr. war es im Alten Orient ein weithin bekanntes und beliebtes Getränk und war spätestens Mitte des 1. Jt. v. Chr. in der ganzen antiken Welt verbreitet. In ausgesprochenen Weinbauländern wie Italien und Griechenland setzte sich Bier allerdings nicht durch.

Grabbeigabe aus Theben. Hölzernes Model einer Bäckerei und Brauerei; 11. Dynastie ©wikimedia commons

In allen Perioden bot Bier für die Menschen ein sicheres Mittel um sich mit Flüssigkeit zu versorgen. Es enthielt gerade genug Alkohol, um Krankheitserreger abzutöten, die oft im Wasser enthalten waren. In Ägypten erwähnen die Texte aus älterer Zeit neben Dattel-Bier auch Johannisbrotbaum-Bier und Mohn-Bier. Während des Brauprozesses wurden weitere Ingredienzien wie Honig oder Dattelschrot sowie ein aus Teig und Gewürzkräutern bestehendes Bier-Brot zugesetzt. Über die Mischungsverhältnisse geben sog. Bier-Rezepte Auskunft, wie sie z.B. in Mesopotamien aus dem 3. Jt.v.Chr. überliefert sind.

Wohl 13.000 Jahre alt ist eine 2018 in Israel gefundene „Brauerei“. In der Höhle von Rakefet fanden Forscher drei Steinmörser, auf denen Spuren von fermentiertem Getreide identifiziert werden konnten. Die Höhle diente der Kultur des Natufien – eine Jäger-Sammler-Gruppe, die vor 15.000 bis 11.000 Jahren am östlichen Mittelmeer lebte – als Grabstätte. Der Ort legt nahe, dass Bier zu ehren der Toten verwendet wurde.

Cover AiD 121 Bier

Begleiten wir die Bierforscher bei einem Parforceritt quer durch die vorgeschichtliche Alte Welt. In der neuen Ausgabe der Archäologie in Deutschland.

  • Bier – Die Anfänge von Eva Rosenstock und Hans-Peter Stika
  • Ein göttliches Rezept – Rauschtrunk im Alten Orient von Martin Zarnkow et. al.
  • Uralte Braukunst am Nil von Elena Marinova und Lucy Kubiak-Martens
  • Malz im Pfahlbau von Andreas G. Heiss et. al.
  • Rauschende Feste – große Vorräte von Joshua Driscoll
  • Frühkeltisches Brauen – häusliches Handwerk? von Thomas Hoppe
  • Prähistorische Geschmackswelten von Bettina Arnold und Joshua Driscoll

Heft 1/2021

Bier – Die Anfänge

Exklusiv: Rezepte für Hobbybrauer

Erst mit den 1990er kamen Technologien und chemische Analyseverfahren auf, die es ermöglichten die chemische Zusammensetzung von Rückständen aus antiken Trinkgefäßen zu analysieren. Gemeinsam können nun Archäologen, Chemiker und Braumeister Bier nach prähistorischer Art brauen.
2 Rezepte stellen wir Ihnen hier vor:
https://aid-magazin.de/2020/11/23/keltenbraeu-co-rezepte-fuer-hobbybrauer/

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Bier

Eine Geschichte von der Steinzeit bis heute

Vom Emmerbier des Vorderen Orients zu den Craft-Beer-Kneipen der modernen Metropolen erzählt es die Geschichte einer erstaunlichen Weltkarriere.

Essen und Trinken im Mittelalter

Vom Fleisch und vom Metzger, vom Bier und vom Wein, vom Hering und vom Stockfisch, vom höfischen Festmahl ebenso wie von den kargen Speisen des gemeinen Mannes und der Hungersnot. Höchst anschaulich und immer nah an den Quellen erzählt.

Lukullische Genüsse

Die Kücher der alten Römer

In der Blütezeit des Imperium Romanum war die Küche der reichen Römer vielfältig und aufs höchste verfeinert. Bei aufwendigen und teuren Gastmählern wurden kulinarische Spezialitäten aus dem gesamten Mittelmeerraum zelebriert.

Steinzeit – Mahlzeit

Paläoküche vom 5-Steine-Koch

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Seit der Mensch sich nicht mehr rein von Rohkost ernähren muss, hat sich seine Entwicklung rasant beschleunigt. Der Blick zurück schafft Verständnis für Zusammenhänge von Lebensbedingungen und Essen. Doch wohin wird die kulinarische Reise der Menschheit gehen?